# 73
100831 Gewinnung von Granit mit dem Brennstrahlverfahren
# 74 100909 Beweise, Bilder von
punktgespitzten
Granitoberflächen im Alten Reich
# 75 101003 Bild: gespitzte
Rosengranit-Fundamentsteine
der Mykerinos-Pyramide
01.12.2018 Neu eingestellt, siehe unten:
170925 # 88 Sokar im Alten Reich als personifizierter Schmied und der Wind (Sokar im Sänftenied)
181020 Die Schmiede der Masai - eine Geschichtsforschung -
Die Geländebeschaffenheit und die Art und Lagerung der
Gesteine bestimmen die Abbaumethode. Je wertvoller das Gestein, desto
sorgfältiger der Abbau. Ursprünglich horizontal gelagerte Schichten wurden
durch Hebung und Senkung der Erdkruste zerbrochen und gegeneinander verschoben.
Dadurch wird der Abbau des Gesteins schwieriger und kostenträchtiger. Bei der
Gewinnung macht man sich natürliche Klüfte zunutze. Zunächst werden Großblöcke
mittels des »Brennstrahlverfahrens« herausgearbeitet.. Hierbei wird eine
Raketenflamme mit Ultraschallgeschwindigkeit und einer Temperatur von 1200° C
auf das Hartgestein gerichtet. Durch die thermische Ausdehnung an der
Oberfläche platzt jeweils eine dünne Gesteinsschicht ab. Die Flammgase
entfernen das lose Material, wodurch sich dem Brennstrahl eine stets frische
Oberfläche bietet. Direkt am dabei entstandenen Schlitz sind die
Gesteinsoberflächen durch den Temperatureinfluß bis in eine Tiefe von ca. 10 cm
verfärbt. Das daran angrenzende Material ist für die Weiterverarbeitung zu
hochwertigem Werkstein geeignet. Anschließend erhalten die Großblöcke durch
Schieß- oder Keilspaltung die gewünschte Größe.
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Hallo Thomas,
das Brennstrahlverfahren funktioniert in der Tat zur
Herstellung von Freischnitten zur Trennung von großen Massivblöcken im
Granitsteinbruch. Ebenso eignet es sich zur rutschsicheren
Oberflächenbearbeitung von z.B. Stufen oder Gehwegsplatten.
Der Clou der ganzen Geschichte ist, dass die
Materietemperatur in Sekundenbruchteilen auf ca. 1200° C erhöht wird. Die nun unterschiedliche,
schlagartige Ausdehnung der vorwiegend fünf verschiedenen Mineralien des
Granit`s bewirkt ein explosionsartiges schuppiges Abblättern mit der Folge von
Substanzverlust. Erzeugt wird diese Hitze durch Hochleistungs-Dieseldüsen oder
Acethylengas unter Zugabe von reinem Sauerstoff mit ca. 250 bar.
Hierzu ein kleines Experiment, wir nehmen Holzkohleglut
mitsamt Blasebalgbetrieb oder einen Propangasbrenner und erhitzen eine
beliebige Granitoberfläche auf ca. 900° C,, halt, was die Feuer hergeben; Was
passiert ?
Nichts !, wieso ?, weil der Stein langsam erwärmt wird und
somit die Spannung aufnehmen kann.
Dies ist auch den alten Ägyptern so geschehen und sie
ersparten sich deshalb weitere Versuche mit nutzlosen verbrennen von Holzkohle.
Was ich damit sagen will, es funktioniert eben nur mit
Zitat: Hierbei wird eine Raketenflamme mit Ultraschallgeschwindigkeit und einer
Temperatur von 1200° C auf das Hartgestein gerichtet.
Zur Bronzestatue Peters des Großen im Jahre 1777, in St.
Petersburg:
Wieso hat man 400 Tonnen Granit aus den Sümpfen von Finnland
zuviel mit gebracht ?
Welcher Aufwand wurde mit Holzkohle und zwei riesigen
Blasebälgen betrieben, um durch ständiges aufheizen und dann mit einfachen
Schlägen mit einem harten Gegenstand, der genügte, um eine Schicht des Steines
abzuhauen, um schließlich einen Schutthaufen von 400 Tonnen Granitscherben zu
erzeugen ?
Nein, nein, so kann es nicht gewesen sein. Meiner Meinung
nach handelt es sich hier um einen Sensationsbericht eines Reisenden, der Legenden,
Mythen und Gerüchte vermischte.
Fakt ist, dass weder Feuersetzen noch Brennstrahlverfahren
hier zur Anwendung kam, bzw. dessen Aufwand-Nutzungsfaktor eine Rolle spielen
hätte können.
Fakt ist, dass man im 18. Jahrhundert überhängende
Gesteinsteile oder zuviel an Masse mittels Keillöchern und Eisenkeilen
abgesprengt hätte.
Fakt ist, dass ein sehr heftiges Holzkohlenfeuer, das durch
zwei große Schmiedebälge angefacht wurde, zum Guss der ca. 8 Tonnen schweren
Bronzefigur benötigt wurde, was dann eher den Sachverhalt erhellt.
Fazit:
Für die altägyptische Zeit erfuhr der Dolerithammer keinen
Vorteil durch Feuersetzen oder durch das Raketenbrennstrahlverfahren.
Die Funde von Dolerithämmern und Feuerstellen an den
Pyramidenbaustellen könnten darauf hindeuten, dass eiserne Halbfertigprodukte
für Werkzeuge vorbereitet, bzw. wie von mir angenommen geschmiedet und
nachgeschärft wurden.
Was dazu Anlass gibt, dass die Alten Ägypter ein Verfahren
kannten, wie man Granit oder Hartgestein sachlich bearbeitet.
Armin Wirsching in “ Obelisken transportieren und aufrichten
in Ägypten und in Rom “
hat sich sehr eingehend mit dem Thema beschäftigt. Er kann
sich in keinster Weise mit den Dolerithammerspuren und dessen Benutzung am
unvollendeten Obelisken anfreunden.
Viele Grüße, cq.
100909 Bilder Punktgespitzte Oberflächen im Alten Reich # 74
Hallo Thomas,
befassen wir uns mal mit folgender Frage :
Was leistet der Dolerithammer und welche Spuren sind uns aus
dem Alten Reich überliefert ?
Bild 1: aus http://www.benben.de/Kern/Kern5.html
Bild “Bohrung in Rosengranit“ für eine Türangel im
Pyramidenkomplex der Königinnen von Pepi II. in Sakkara-Süd , 6. Dynastie.
Man sieht unverkennbar die gespitzten Oberflächen in der
Wannenauskleidung und im Umgebungsbereich.
Grafikadresse Bild http://1.2.3.10/bmi/www.benben.de/Kern/Kern/pepi2.jpg
Auch dieses Bild bezieht sich auf Kernbohrungen in der 5.
Dynastie. Wichtig für uns ist die Detailaufnahme der steinbearbeiteten
Oberfläche in Granit, charakteristisch sind Netzgespitzte
Strukturen zu erkennen.
Bild 3 :
Thread http://www.faszination-aegypten.de/forum/pyramidenbau-ohne-rampen-e-unterberger-2008-t-4314.html aus Beitrag # 5, Bild von E. Unterberger
Detailaufnahme der Außenverkleidung aus Rosengranit an der
Mykerinos Pyramide aus der
4. Dynastie.
Bild vergrößern und vorspringende Unterseiten genau
betrachten. Aufgrund der exponierten Lage der Schrägsichtsflächen sind die
Spitzspuren weitgehend zurückgewittert und kaum mehr nachvollziehbar.
An den beschatteten Unterseiten sind jedoch akribische
Spitzhiebe deutlich erkennbar.
Bei genauer Betrachtung der drei Bilder stellen wir körnige,
vertieft-erhaben narbige Oberflächen fest. Im Fachjargon wird es als Punkt-
oder Netzgespitzt bezeichnet.
Gleiche Muster sind auch am Boden und in den Ecken des
Cheops Sarkophag sowie an der Plinthe der Chephren Statuen leicht erkennbar,
u.v.m.
Hier sehen wir eine aktuelle punktgespitzte Oberfläche,
welche aus gestalterischen Gründen
angeschliffen wurde. Der Anschliff übernimmt nun für uns den
Abrieb, die Nutzung oder die viertausendfünfhundertjährige Erosion (wobei sich
der Granit nicht sonderlich beeindrucken ließ).
Als Ergebnis dieser Betrachtung stellen wir fest, die
Oberflächenerscheinungen sind annähernd identisch. Das heißt, die
Granitoberflächen der Verwendungssteine im Alten Reich wurden mit Spitzmeißeln
bearbeitet und nicht mit dem Dolerithammer.
Sollte der Dolerithammer nach Meinung mancher “Forscher“
solche Spuren gemacht haben, beweisen wir das Gegenteil:
Versuch Nr.1:
Wir überarbeiten diese gespitzten Oberflächen mit einem
scharfkantigen Dolerithammer.
Was passiert ? Durch
das schlagen mit einem scharfkantigen Dh. auf die besagten Oberflächen würden
sich die Erhebungen bis auf das Niveau der vertieften Spitzhiebe einebnen. Es
entsteht eine raue relativ gleichmäßige Ebene.
Die von den alten Ägyptern gespitzten punktförmigen Vertiefungen gehen
dabei bis auf den Grund verloren.
Das heißt erstens, der Dh. macht keine punktgespitzten
Oberflächen, zweitens, für sekundär zu schleifende Arbeiten könnte der
Dolerithammer dazu eingesetzt werden um die vorausgegangene Formgebung mit dem
Spitzeisen auf ein gewünschtes Schleifmaß einzuglätten.
Die dritte Erkenntnis ist, dass eben die Dolerithämmer nur
bei den ersten Schlägen scharfkantig waren und den größten Teil ihres Daseins
als verrundete Pounder verbrachten, was dann nicht mal Kratzer geschweige denn
punktförmige Vertiefungen erzeugen konnte.
Die rechtwinkelig eingesetzten schwalbenschwanzförmigen
Aussparungen am Taltempel des Chephren können wohl ebenso wenig mit
Steinhämmern hergestellt worden sein.
Letztendlich geben uns die unfertigen Statuen des Mykerinos (Diorit und roter Granit) Einblick in
die damals verwendeten Steinmetzgeräte.
Ergänzend beschreibt Karin Dohrmann, Eine Analyse der
Sitzstatuen Sesostris I aus Lischt,
Seite 145 – 146 die von mir angedeuteten Werkzugspuren.
Fazit: Die überlieferte Charakteristik der
Bearbeitungsspuren an Granitbausteinen zur Zeit der Pyramidenbauer zeichnet
sich durch Spuren von Spitzmeißeln aus, welche auch nur mit gehärteten
Eisenmeißeln zu bewerkstelligen waren.
Das Arrangement des Dolerithammers
reicht nicht aus um punktgespitzte Oberflächen herzustellen, er hat aber seine
Berechtigung zur Einebnung für anschließende Schleifarbeiten.
Beidhändig geführte Spitzhacken, Zweispitz oder Dechsel
sowie Hammer und Spitzeisen gaben dem Granit die Form und das Profil, zur
abschließenden Glättung kam der Dolerithammer zum Einsatz.
Archäologische Befunde von Holzkohlefeuern und Steinhämmern
an Pyramidenbaustellen und in Stein- bzw. Granitsteinbrüchen lassen darauf
schließen, dass die Luppen aus den Verhüttungsstellen der Rennöfen zur
Herstellung von eisernen Halberzeugnissen mit solchen Steinhämmern aus Dolerit
verdichtet und gehämmert wurden.
Für die Feinbearbeitung der Spitzeisen ist anzunehmen, dass
bereits eiserne Hämmer zur Anwendung kamen.
Soweit von mir, cq.
101003 Bild
gespitzte Rosengranit-Fundamentsteine der
Mykerinos Pyramide # 75
Hallo alle zusammen,
als Ergänzung zu Beitrag # 74, zeigt und ein Foto aus
Wikipedia /
Mykerinos Pyramide / Wikimedia
Commons,,
sehr schön erhalten gespitzte Granitoberflächen der
Fundamentierungssteine an der Umfassung der Mykerinos Pyramide. Der Umstand,
dass diese zugerichteten Steinblöcke lange Zeit durch die Umgebungssteine
geschützt waren – Verwitterungsmechanismen die Spuren kaum verwischten - überliefern sie uns eindeutige fein gespitzte
Oberflächen. Eines der wichtigsten Beweise für den Einsatz von Spitzeisen im
Alten Reich.
Gruß, cq.
Neuer Absatz
Bild zu # 75
Gespitzte Rosengranit-Fundamentsteine der Mykerinos-Pyramide
Sokar als personifizierter Schmied und als Schutzpatron der Schmiede und der Erzarbeiter.
Zitiert wird im folgendem aus dem Sänftenlied des Alten Reiches,
- Sokar im Alten Reich und der Wind - von Hartwig Altenmüller W. Westendorf zum 60. Geburtstag Originalveröffentlichung in: Göttinger Miszellen 78, Göttingen 1984, S. 7-13
Originaltext Seite 7 bis Seite 13:
Seite 7
Im Sänftenlied des Alten Reiches wird Sokar unter dem sonst nicht belegten
Namen Dcw aufgerufen. Der Kontext des Liedes legt nahe, dass dieser Name
speziell auf den Handwerkergott Sokar verweist.
Die engen Beziehungen des Sokar zum altägyptischen Handwerk sind hinreichend
bekannt. Sein besonderes Ressort ist das Metallhandwerk. Dies gilt nicht nur
für den profanen, sondern auch für den religiösen Bereich.
Nach Aussage der Pyramidentexte (Pyr. 1968 a.b; vgl. CT VII,
198e) stellt Sokar von Pdw-s Harpunenspitzen aus Metall und Fischspeerspitzen
aus Holz her, damit der verstorbene König mit ihrer Hilfe bei seiner
Wiedergeburt aus dem Ei ausbrechen kann.
Auch in den Sargtexten wird auf die Handwerkertätigkeit des
Sokar verwiesen.
An einer Stelle (CT VII, 283s-284b) wird ein siebartiger
Korb, mit dessen Hilfe durch den Wind geschrotetes von ungeschrotetem Korn
getrennt wird, mit dem “Fell“ (h3jjt) des Sokar verglichen, das Sokar benützt,
wenn er ohne Unterstützung durch Mitarbeiter Metall schmilzt.
Da das Korn beim Sieben durch den Wind gereinigt wird,
könnte das mit dem Korb verglichene
“Fell“ des Sokar ebenfalls etwas mit dem Wind zu tun haben.
Vielleicht verwendet Sokar das “Fell“ für das Anfachen des
Schmelzfeuers. (3)
Der in Pyramidentexten 1968a (CT VII, 198e) und CT VI,
284a-b für die Tätigkeit des Sokar verwendete Fachausdruck lautet nbj und dieses nbj
bedeutet nach Wb II, 236 “eigentlich das
Feuer durch Blasen anfachen“.
Wenn Sokar als Handwerkergott der Pyramiden- und Sargtexte
mit
(3) Beim „“Fell“ des
Sokar würde man daher gerne an einen frühen Beleg für den aus Leder
hergestellten Blasebalg denken. Blasebalge sind in Ägypten jedoch erst im NR
durch bildliche Darstellungen belegt; R. Drenkhahn, Die Handwerker und ihre
Tätigkeiten, 1976, 18ff.
(6) Bernd Scheel,
Studien zu den Darstellungen des Metallhandwerks in den Bildprogrammen der
Gräber des Alten Ägypten, ungedr. Magisterarbeit, Hamburg 1983.
Seite 8
der Luftzufuhr beim Anfachen des Schmelzfeuers zu tun hat,
könnte der im Sänftenlied für Sokar benutzte Name Dcw von dc “Sturmwind“ (Wb V,
533) abgeleitet werden. Der Name würde dann den Gott als “Stürmischen“ bzw.
“Windigen“ bezeichnen. Sokar könnte dem entsprechend ein Gott sein, der für die
Luftzufuhr bei der Metallschmelze verantwortlich ist und der sich den
Metallhandwerkern in der heißen Luft des Schmelzfeuers offenbart.
Die Bedeutung von dc als stürmische, besonders aber als heiße
Luft wird vor allem durch späte Wortverbindungen aus dem Koptischen deutlich,
die speziell auf den “Gluthauch“ oder den “dörrenden Wind“ verweisen.
Auf die Funktion des Sokar als Windgott bei der
Metallschmelze scheinen sich mehrere Beischriften zu Darstellungen des
Metallhandwerks zu beziehen (6). Sie sollen im folgenden kurz behandelt werden.
Dok. 1: Beischrift zur Schmelzszene in der Mastaba
des D3d3-m-anh (Djadjaemanch) aus Saqqara:
1.a.) B. Scheel,
a.a.O., 165, 194 schlägt als Übersetzung vor: “Ach, gäbe es doch Faulheit
für/beim Sokar, o, dieses Handwerk (diese Künste)“ mit der Erklärung: “Der Ausspruch
ist demnach als Beschwerde eines Metallhandwerkers anzusehen, der sich darüber
beklagt, dass es für/beim Sokar kein Ausruhen bzw. keine Faulheit geben darf.“
Wird Sokar, wie soeben ausgeführt, als ein Gott verstanden,
der in seiner Eigenschaft als Handwerkergott das Schmelzfeuer anfacht, so dass
heiße Luft entsteht, ergibt sich für die Beischrift ein neuer
Übersetzungsvorschlag:
1.b.) “Ach! Ich
möchte mich setzen (d.h. ausruhen) weil Sokar der Handwerker ist“.
Die Abbildung zeigt zwei Handwerker mit ihren
Blasrohren vor der Feuerstelle. Aus der Feuerstelle unter dem Schmelztiegel
schlagen ungewöhnlich hohe Flammen empor. Sokar, der Handwerkergott, ist es,
der das Feuer anfacht. Dadurch entsteht eine für die Schmelzer kaum zu
ertragende Hitze, die bei ihnen den Wunsch nach einer Ruhepause aufkommen
lässt.
Seite 9
Dok. 2 : Beischrift zur Schmelzszene in der Mastaba des
K3-m-rhw (Kaemrehu) aus Saqqara:
2.a.)
Erman übersetzt (a) mit „“…
Luft wegen (?) seinem Bruder“
und (b) mit „“Bier für (?) Sokaris, o König“ und fügt als
Erklärung hinzu: (Man) könnte u. a. auf eine Klage über zu schwaches Blasen des
anderen raten, worauf dann als Antwort ein Wunsch nach Bier folgen würde.“
2.b.) B. Begelsbacher-Fischer beschreibt die
Szene:
In einer Gruppe von Handwerkern, die mit Schmiedearbeiten
beschäftigt sind, ruft ein Mann seinen Kollegen zu: “Die Luft wird heiß wegen
seines Bruders“, worauf sich jener mit den Worten wehrt: “Bier für Sokaris, oh
König!“
Es beklagt sich hier der Eine über zu schwaches Blasen des
anderen, worauf als Antwort der Wunsch nach Bier ertönt!
2.c.) B. Scheel, a.a.O., 36-37 übersetzt: (a)
“Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (der aufsteigende Rauch aus der
Feuerstelle)“ und (b) “Sokarisbier, Fürst/Patron!“
Auf S. 192 bemerkt er dazu: “Wegen der starken Hitze beim
Schmelzen fordern die Handwerker offenbar in scherzhaftem Ton Bier zu
Erfrischung von ihrem Aufseher bzw. Patron“.
Wird im “Bruder der Luft“ nicht, wie B. Scheel, Studien,
192, vorschlägt, “eine Metapher für den aufsteigenden Rauch, der aus der
Feuerstelle bei der Verbrennung des Brennmaterials entsteht“, gesehen, sondern
eine Bezeichnung für den als Windgott wirkenden Sokar, der das Feuer zur
höchsten Glut anfacht, kann übersetzt werden: 2.d.) „Die Luft wird heiß wegen ihres Bruders
(d.h. Sokar). Ein Bier!, weil Sokar der Patron ist“
Der Sinn der Beischrift ergibt sich aus dem Text zur
Schmelzszene bei D3d3-m-anh(Dok. 1).
Sokar, der Windgott, hat das Schmelzfeuer dermaßen angefacht, dass die am Feuer
arbeitenden Handwerker in der Hitze des Gluthauchs Durst verspüren und eine
Pause einlegen wollen, um Bier zu trinken. Sokar ist der Patron der Handwerker,
der oberste Metallschmelzer.
Seite 10
Dok. 3: Beischrift zur Schmelzszene in der
Grabanlage der beiden Nagelpfleger Nj-anh-Hnmw und Hnmw-thepw in Saqqara (A.
Moussa – H. Altenmüller, Das Grab des Nianchchnum und Chnumhotep, AV, 1977,
135, Tf. 64).
3.a.) R. Drenkhahn
übersetzt den zweiten Teil der Beischrift mit: „“Fern ist das Ausgußloch dort;
faßt zu!“ Für das problematische mnd.t (“Wange“) schlägt sie als Übersetzung
“Ausgußloch bzw. Tigelwand“ des Schmelztiegels vor.
3.b.) Bei
Moussa-Altenmüller, hatte ich eine Übersetzung vorgeschlagen, die nicht zu
halten ist: “Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders. Der Schmelzbrei (?) bildet
sich dort. Packt an!“
3.c.) B. Scheel gibt
folgenden Übersetzungsvorschlag: “Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (der
aufsteigende Rauch aus der Feuerstelle); die Tiegelwandung glüht, faß nicht
an!“
Die Beischrift zur Schmelzszene im Grab des Nianchchnum und
Chnumhotep ist vermutlich ähnlich zu interpretieren wie die beiden Beischriften
in den Gräbern des Djadjaemanch (Dok. 1)
und des Kaemrehu (Dok. 2). Dort wurde wegen der übermäßigen Hitze
des Schmelzfeuers bei den Arbeitern der Wunsch nach einer Ruhepause laut.
Ausgehend von der Annahme, dass der heiße Wind des Sokars, des „Bruders der
Luft“, die Schmelzer in Bedrängnis bringt, kann folgende Übersetzung
vorgeschlagen werden:
3.d.) “Die Luft wird
heiß wegen ihres Bruders. (Meine) ‘Tiegelwand‘ (d.h. meine Haut) wird gedörrt.
(Ich wünschte,) ich bräuchte nicht zuzupacken (d.h. zu arbeiten)“.
3.e.) Wegen der hohen
Hitze, die durch den von Sokar ausgesandten starken Wind in der Nähe des Schmelzofens entsteht, befürchtet der
mit dem Blasrohr vor dem Schmelzfeuer arbeitende Handwerker zu verbrennen.
Seine “Haut“ , weniger wahrscheinlich nur seine “Wange“ wird geröstet/gedörrt
und droht in der Glut aufzugehen. Die “Haut“ des Schmelzers wird dabei mit
einem Wort (mndt) bezeichnet, das der Fachsprache der Schmelzer entnommen ist
und dort als Fachausdruck für die “Tiegelwand“ des im Schmelzfeuer stehenden
Schmelztiegels dient. Eine ähnliche Entlehnung aus der Fachsprache der
Schmelzer zur Verdeutlichung des körperlichen Zustands der Handwerker findet
sich in Dok. 4 (s.u.), wo der am Schmelzfeuer
sitzende Handwerker ebenfalls befürchtet zu verbrennen und von sich sagt, er
werde “zur Schmelze“ (hr nfr). Der durch die Hitze in Bedrängnis geratene
Schmelzer des Nianchchnum und des Chnumhotep wünscht sich eine Pause bei seiner
Arbeit und äußert seinen Wunsch durch die Rede: “Ach bräuchte ich nicht zuzupacken, d.h. zu
arbeiten!“
Seite 11
Dok. 4:
Beischrift zur Schmelzszene in der Mastaba des Pth-spss in Abusir (M.
Verner, Excavations in the Mastaba of Ptahshepses at Abusir, Prag 1976, Abb.
29).
Die Beischrift zur Schmelzszene ist bisher weitgehend
unübersetzt geblieben. B. Scheel, 82, 165, versuchte eine erste Übersetzung:
4.a.) “Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (der
aufsteigende Rauch aus der Feuerstelle). Du sollst bringen (bringe Atemluft),
(damit es) zum schönen Gesicht wird. (Zustand der Schmelze)!“ Ab Seite 183
erklärt er den auch sonst in Schmelzszenen vorkommenden Ausdruck hr nfr als
„Metapher für die rotglühende, flüssige Metallschmelze. Genauer gesagt, ist für
den Ägypter mit hr nfr wohl das Antlitz bzw. das Aussehen der Metallmasse im
Tiegel gemeint.“
Unter dem Vorverständnis, dass mit “Bruder der Luft“ der
heiß wehende Luftzug des Handwerkergottes Sokar bezeichnet wird, ist auch für
diese Szene ein hell aufloderndes Schmelzfeuer zu vermuten. Das Feuer
entwickelt eine sengende Hitze, die bei den Arbeitern den Wunsch aufkommen
läßt, eine Pause einzulegen (vgl. Dok.
1, 2, 3). Daher kann übersetzt werden: 4.b.) “Die Luft wird
heiß wegen ihres Bruders. Könnte ich doch für mich meinen Ka herholen (d.h.
Pausieren). Ich werde zum ‘schönen Gesicht‘ (d.h. zur Schmelze)“.
Der mit dem Blasrohr am Feuer arbeitende Schmelzer droht
durch die aus dem Schmelzfeuer aufsteigende heiße Luft zu verbrennen und
befürchtet selbst zur Schmelze zu werden. Der Handwerker äußert daher den
Wunsch, seinen Ka herbeizuholen und seine Person durch seinen körperlosen
Doppelgänger zu ersetzen. Er wünscht sich also eine Pause für seine Person.
Sein Wunsch nach einer Pause deckt sich mit den Wünschen der Schmelzer von
Dok. 1 bis 3.
Die hier aufgeführten Beischriften zu den Schmelzszenen des
Alten Reiches bezeichnen den Gott Sokar als “Bruder des Windes“ (vgl. Dok. 2) Sokar äußert sich dabei sowohl im Wind,
der das Feuer unter dem Schmelztiegel anfacht, als auch im Gluthauch des Schmelzfeuers,
der den Handwerkern entgegenschlägt. In der Hitze des Feuerwindes wünschen die Arbeiter
bei ihrem Werk eine Pause einzulegen, sich auszuruhen (Dok. 1), Bier zu trinken (Dok. 2), die Arbeit abzubrechen (Dok. 3) oder zur Stellvertretung für ihre Person
ihren Ka herbeizuholen. Der Wind in der Umgebung der Schmelzer wird durch Sokar
bewirkt. Seine sonst wenig bekannten Eigenschaften als Windgott, die auch in
seinem Namen Dcw zum Ausdruck kommen, scheinen durch die angeführten Stellen außer
Zweifel zu stehen. Sie werden durch eine, in einen anderen Kontext verweisende
Beischrift noch weiter verdeutlicht.
Soweit, der Inhalt von H. Altenmüller bis zu Seite 13, was
die Metallverarbeitung betrifft.
A.1.0) Sokar und seine Eigenschaften im Alten Reich (lt. Pyramiden- und Sargtexte)
Sokar wird genannt
als Gott, Handwerkergott, Windgott, König, Fürst, Patron, Bruder, Bruder der
Luft, oberster Metallschmelzer und als Schutzpatron der Metallarbeiter. Sokar könnte ein Gott sein, der für die Luftzufuhr bei der
Metallschmelze verantwortlich ist und der sich den Metallhandwerkern in der
heißen Luft des Schmelzfeuers (auch “Gluthauch oder dörrender Wind“) offenbart (S.
8).
Als personifizierter Erzarbeiter siebt er ein Mineralisches
Korn mit Körben um ein gebrauchsfertiges Mineral/Pulver vorzubereiten, das
anschließend in einem Schmelzofen, der mit dem Fell des Sokar (man könnte an
einem Blasebalg denken) angefacht und unterhalten wird. Nach dem Abkühlen
ergibt die Arbeit ein Gebrauchsmetall, welches von ihm als Schmied zu
Harpunenspitzen geformt wird.
A.1.1.) Beschreibung
des Rennofens und die Verhüttung des Erzes
Um die Tätigkeiten des Sokar
besser zu verstehen, beschreibe ich
im nachfolgenden das sehr detailreich überlieferte Relief des Kaemrehu
(Dok. 2):
Zwei Erzschmelzer mit Blasrohren
hocken vor einem zylindrischen etwa 70cm hohen Ofen. Der rechts sitzende scheint
mit seinem Blasrohr an einer Ausbuchtung (Verbreiterung) am Fußpunkt des Ofens,
welche eine Öffnung darstellt, das Feuer anzufachen bzw. aufrecht zu halten. An
der gegenüberliegenden Ofensohle lehnt eine hochgestellte Steinplatte, die
evtl. durch verschieben oder wegnehmen dazu dienen könnte, die Schmelzschlacke
abfließen zu lassen. Wie es aus dem Dialog „Der Schmelzbrei bildet sich dort.
Packt an!“(3.b.) und “(Fern/weit), es weitet sich auf das Ausgussloch, die
Tiegelwand/Wange; faßt zu!“ (3.a.), hervorgeht.
Der hier sitzende, also der
linke Schmelzer, hebt sein Blasrohr – eher wie eine Flöte haltend – zur
Oberkante des Ofens. Aus seiner entspannten Haltung, und da es hier auch keinen
Sinn macht zu blasen, scheint er eine Ruhe-/Pausenposition eingenommen zu
haben.
Der
hochgebaute rohrähnliche Verhüttungsofen (Schacht- oder Rennofen) wird im Wechsel
mit Schichten aus Holzkohle und Eisenerz befüllt.
Je nach Erz
ist eine vorherige Reinigung, bzw. Trennung des “Tauben Gesteins“ vom Eisenoxid
nötig. Diese bezeichnende Tätigkeit wird von Sokar, “mittels eines siebartigen
Korbs, mit dessen Hilfe er durch den Wind geschrotetes von ungeschrotetem
Korn/Mineral trennt, bevor er Metall schmilzt“ (Altenmüller Seite 7).
Die Reduktion
des Eisenoxides kann 10 bis 20 Stunden in Anspruch nehmen, deshalb sind auch
nur zwei Männer mit Blasrohren erforderlich, deren Aufgabe es ist, die
Temperatur in der Glut des Schmelzofens auf ca. 900° C zu halten. Ist die
optimale Schmelztemperatur erreicht, was die Handwerker an der Farbe und Art
der austretenden Hitze oder des Rauches erkennen, können sie pausieren, da sich
der Abbrannt durch die Kamin-/Schlotwirkung (dies bewirkt derweil Sokar als
Bruder der Luft) selbst aufrecht erhält. Dies wäre dann der Moment, bei den
Nachwuchskräften Bier zu bestellen und demnach auch zu genießen.
A.1.2.) Die Anzahl der
erforderlichen Metallarbeiter zum Schmelzen.
Aus überlieferten Reliefs und Malereien ist hinreichend bekannt, dass beim Schmelzen
von Gold und Silber in kleinen hornförmigen Tiegeln über offener Feuerstelle
manchmal aus Platzgründen nur vier, ansonsten oft sechs Schmelzer mit
Blasrohren die Glut antreiben, da hier Temperaturen um 1100 Grad Celsius über
längere Zeit erreicht werden müssen. Das verarbeitende Metall wird
grundsätzlich immer angegeben.
Bei Darstellungen von Schmelzarbeiten
mit Rohröfen (Schacht- bzw. Rennöfen) wo manchmal nur ein, meist zwei Schmelzer
mit Blasrohren am Werke sind, wird gelegentlich das Metall bjA (bj3) angegeben.
Des Öfteren fehlt die Angabe des Werkstoffes, weil die Tätigkeit hinreichend
bekannt ist und deshalb auch nicht besonders erwähnenswert erscheint. Je nach
Erz werden Ofentemperaturen von etwa über 900 Grad Celsius benötigt.
Dem Anschein nach tritt Sokar im
Speziellen für den hier genannten Verarbeitungsprozess auf, “wenn er mit dem
Fell (Blasebalg?) ohne Unterstützung durch Mitarbeiter Metall schmilzt“
(Altenmüller Seite 7). Die gleiche Arbeit verrichten
ebenso bei den Quellen Dok. 3 und 4 jeweils nur ein Schmelzer mit Blasrohr, bei
Dok. 1 und 2 sind jeweils zwei Blasrohrleute beteiligt.
Die hier genannten haben während
der Arbeit genügend Zeit für Zwiegespräche, Reden und Rufe, Bier zu bestellen
und dementsprechend auch zu verzehren. Obwohl bei der Edelmetallschmelze bis zu
sechs Mann die Glut anfachen, bleibt ihnen nicht die Zeit Dialoge zu führen,
geschweige Bier zu bestellen.
A.1.3.) Wieso Schmelzen die Arbeiter kein Kupfer?
Zwar sind die Kupferschmelzöfen
ähnlich gebaut, jedoch wird die Schlacke wesentlich höher abgestochen als wie
es beim Relief des Kaemrehu explizit dargestellt ist. Das flüssige Kupfer setzt
sich beim Verhütten in der Ofensohle ab, und wird nach dem Erstarren (Erkalten)
als “Kupferkuchen“ entnommen. Die hierbei benötigten Schmelztemperaturen
bewegen sich bei weit über 1100 Grad Celsius, was wiederum eine Mannschaft von
mindestens vier bis sechs Bläser mit guter Kondition im Dauereinsatz erfordert.
Weiter wird im Relief des Kaemrehu das Aufglühen und Schmieden von Brocken
gezeigt. Bei Kupfer wäre die Weiterverarbeitung z.B. als Dolch oder Speerspitze
im Gießverfahren gezeigt worden, genauso wie es bei den Reliefs für Gold und
Silber überliefert ist (Aufschmelzen in Tiegeln und Gießen in Formen), dies ist
hier nicht der Fall.
Gold und Silber gehörte den
Pharaonen, Kupfer war sehr rar und wurde gelegentlich hochrangigen Beamten als
Schein-, Ritual- und/oder Miniaturwerkzeuge mit ins Grab gegeben. Von daher ist
es nicht logisch, dass Schmiede und Erzarbeiter aus der untersten sozialen
Schicht das Kupfer als Massenware hätten herstellen und besitzen können.
Gleiches gilt für die Werkzeuge der Handwerker und Bauern, die sich das Kupfer
nicht hätten leisten können, und zweitens da es für ihre Zwecke nicht getaugt
hätte und deshalb sowieso entbehrlich gewesen wäre.
Hätte das mächtige Ägypten
eigene Kupfervorkommen, hätten sie, wie es im Relief des Rekhmire (Rechmire)
detaileiert hervorgeht, die Lieferung von kupfernen Ochsenhautbarren aus “Asien“
nicht so offensichtlich dargestellt. Es wird also auf einen Kupfermangel
im eigenen Land hingewiesen, der nur durch Importe ausgeglichen werden konnte.
Man konnte also bis zum Neuen Reich sowohl auf Kupfer als auch auf Bronze
gänzlich verzichten, nicht jedoch auf ein Metall namens bjA (bj3), das seit dem
Alten Reich hergestellt, benutzt und im Handwerk wie auch in der Landwirtschaft
das Gebrauchsmetall war.
B.1.)Dok. 1: Beischrift
zur Schmelzszene in der Mastaba des D3d3-m-anh
(Djadjaemanch)
aus Saqqara:
1.a.) B. Scheel
Übersetzt: “Ach, gäbe es doch Faulheit für/beim Sokar, o, dieses Handwerk
(diese Künste)“ mit der Erklärung: “Der Ausspruch ist demnach als Beschwerde
eines Metallhandwerkers anzusehen, der sich darüber beklagt, dass es für/beim
Sokar kein Ausruhen bzw. keine Faulheit geben darf.“
1.b.) Altenmüller übersetzt: “Ach! Ich möchte mich setzen (d.h. ausruhen) weil Sokar der Handwerker ist“.
Als Handwerkergott facht Sokar das Schmelzfeuer an, so dass heiße Luft entsteht.
Bewertung: Scheels
Erklärung kann so nicht stimmen, denn der Schmelzer lobt eigentlich sein
Handwerk “o, diese Künste!“. Altenmüllers Übersetzung geht den richtigen Weg,
der Arbeiter möchte sich ausruhen, weil Sokar nun der Handwerker ist.
Aus dem heiß aufsteigenden Rauch bzw. dem Gluthauch erkennt
der Schmelzer, dass die Hitze groß genug ist, um eine kleine Pause einzulegen.
“Der Handwerker Sokar“ übernimmt derweil das weitere Anfachen
(Schlot-/Kaminwirkung).
Aus der Arbeitsabfolge geht dann hervor: “Ach! Ich möchte mich
setzen (d.h. ausruhen) weil Sokar der Handwerker ist, der für mich einstweilen
das Feuer übernimmt“.
B.2.)Dok.
2 : Beischrift zur Schmelzszene in der Mastaba des
K3-m-rhw (Kaemrehu) aus Saqqara:
2.a.)
Erman übersetzt mit “… Luft wegen (?) seinem Bruder“ und “Bier für
(?) Sokaris, o König“.
Anmerkung: Dass es sich hier über eine Klage über zu
schwaches Blasen des anderen handeln könnte, wie Erman es deutet, geht aus dem
Inhalt nicht hervor!
2.b.) B. Begelsbacher-Fischer übersetzt:
“Die Luft wird heiß wegen seines Bruders“, “Bier für
Sokaris, oh König!“
Anmerkung: Da ja die Luft heiß wird, kann es - laut Auslegung der Übersetzter -
keine Klage über den anderen wegen zu schwaches Blasen gemeint sein.
2.c.) B. Scheel übersetzt: “Die Luft ist heiß
wegen ihres Bruders (der aufsteigende Rauch aus der Feuerstelle)“ und
“Sokarisbier, Fürst/Patron!“
Auf S. 192 bemerkt er dazu: „“Wegen der starken Hitze beim
Schmelzen fordern die Handwerker offenbar in scherzhaftem Ton Bier zu
Erfrischung von ihrem Aufseher bzw. Patron“.
Anmerkung: Nicht weil es den Arbeitern zu heiß ist, sondern
der aufsteigende Rauch aus dem Schmelzofen zeigt ihnen an, dass die Glut
ausreichend ist, eine Pause einzulegen und Bier zu trinken. Weil Sokar der
wirkende Windgott das Feuer zur höchsten Glut anfacht, ist vorerst nichts mehr für
sie zu tun. Siehe 2.d.)
2.d.) Altenmüller
fasst zusammen:
„Die Luft wird heiß wegen ihres Bruders (d.h. Sokar). Ein
Bier!, weil Sokar der Patron ist“
Anmerkung: Dies ist richtig. Sokar, der Windgott, hat das
Schmelzfeuer dermaßen angefacht, dass die am Feuer arbeitenden Handwerker - nicht
in der Hitze des Gluthauchs Durst verspüren, sondern - vorerst nichts mehr zu
tun haben, und darum eine Pause einlegen können, um Bier zu trinken. Sokar ist
der Patron der Handwerker, der oberste Metallschmelzer.
B.3.) Dok.
3: Beischrift zur
Schmelzszene in der Grabanlage der beiden Nagelpfleger Nj-anh-Hnmw und Hnmw-thepw in Saqqara (Grab des Nianchchnum
und Chnumhotep).
3.a.) R. Drenkhahn
übersetzt: “Fern ist das Ausgußloch dort; faßt zu!“ Für das problematische
mnd.t (“Wange“) schlägt sie als Übersetzung “Ausgußloch bzw. Tigelwand“ des
Schmelztiegels vor.
3.b.)
Moussa-Altenmüller übersetzen: “Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders.
Der Schmelzbrei (?) bildet sich dort. Packt an!“
3.c.) B. Scheel übersetzt:
“Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (der aufsteigende Rauch aus der
Feuerstelle); die Tiegelwandung glüht, fass nicht an!“
Anmerkung: Obwohl
wir für dieselbe Inschrift drei verschiedene Übersetzungen haben, ergibt dies
im Ganzen gesehen einen logischen Handlungsablauf:
1.) “Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (der aufsteigende
Rauch aus der Feuerstelle)“(3.b., 3.c. und 3.d.)
Die Metallschmelzer erkennen aus der Qualität des
aufsteigenden Rauches aus der Feuerstelle, dass das Schmelzverfahren
erfolgreich war, die Glut neigt sich dem Ende zu.
2.) “die
Tiegelwandung glüht, fass nicht an!“ (3.c.).
Bedeutet womöglich, dass wenn die Tiegelwandung glüht, der Zeitpunkt zum
Abstich der Schlacke gekommen ist. Hierzu ist der Verschlussstein des
Ausgussloches wegzuschieben, aber Vorsicht!, fass nicht an! (… sondern nimm zum
Entfernen des Verschlusses einen Haken).
3.) “Der Schmelzbrei (?) bildet sich dort. Packt an!“(3.b.).
Mit gleicher Bedeutung wie vor, es ist höchste Zeit, die Schmelzschlacke
ablaufen zu lassen. “Packt an!“, lasst die Schmelzschlacke herausrinnen.
4.) “(Fern/weit), es weitet sich auf, das Ausgussloch der
Tiegelwand/Wange des Schmelzofens; fasst zu!“ (3.a.). Mit gleicher Bedeutung wie vor, das
Ausgussloch der Tiegelwand/Wange des Schmelzofens ist offen, die Schlacke rinnt
heraus. Fasst zu!, (… bildet einen Graben oder eine Mulde, wo der Abstich
erstarren kann).
Es kann mit dem Ausdruck “Ausgussloch“ kein Schmelztiegel
gemeint sein, da der typische Schmelztiegel, wie wir es von der altägyptischen Edelmetallverarbeitung
kennen, ein hornförmiger Becher mit schnabelförmigem Ausguss ist, um das
flüssige Metall portioniert in Formen einzugießen. Beim Schmelzofen zum Verhütten
von Eisenerzen (Rennofen, kommt vom “rinnen“, die Schlacke “ablaufen“ lassen)
ist das Ausgussloch unbedingt erforderlich.
3.d.) Altenmüller ergänzt: “Die Luft wird heiß wegen
ihres Bruders“. “(Meine) ‘Tiegelwand‘ (d.h. meine Haut) wird gedörrt. (Ich
wünschte,) ich bräuchte nicht zuzupacken (d.h.
zu arbeiten)“.
3.e.) Altenmüller
ergänzt: “Ach bräuchte ich nicht zuzupacken, d.h. zu arbeiten!“
Anmerkung zu 3.d. und 3.e.: Hier
ist eine Anlehnung an Doc. 1 und Doc. 2 unverkennbar, dass Altenmüller auf die
Faulheit der Handwerker am Schmelzofen hinzielt. Unwissend, dass die Arbeiter
womöglich ca. 10 bis 20 Stunden am Schmelzofen verharren, jedoch bei
entsprechend heißer Glut, sich und dem Ofen oftmals einige Pausen gönnen. Auf
die Bestellung einiger Krüge Bier wurde bereits mehrfach hingewiesen. Solche
Verhaltensmuster sind bei den Edelmetallschmelzern mit bis zu sechs Schmelzer
nicht anzutreffen.
B.4.)Doc. 4
Beischrift zur Schmelzszene in der Mastaba des Pth-spss in Abusir (M.
Verner, Excavations in the Mastaba of Ptahshepses at Abusir, Prag 1976, Abb.
29).
4.a.) B. Scheel
übersetzt: “Die Luft ist heiß wegen ihres Bruders (der aufsteigende Rauch aus
der Feuerstelle). Du sollst bringen (bringe Atemluft), (damit es) zum schönen
Gesicht wird. (Zustand der Schmelze)!“
4.b.) Altenmüller
übersetzt: “Die Luft wird heiß wegen ihres Bruders. Könnte ich doch für mich
meinen Ka herholen (d.h. Pausieren). Ich werde zum ‘schönen Gesicht‘ (d.h. zur
Schmelze)“.
Anmerkung. “damit sie zum schönen Gesicht wird, die
Schmelze, der Zustand der Schmelze (der Schmelzbrei)“, wird das Ziel des
Schmelzvorgangs erreicht, der es den Schmelzern erlaubt, die Schlacke ablaufen zulassen.
Das Groß der Arbeit ist getan. Nach dem Abkühlen des Tonofens wird dieser
zertrümmert und die noch glühenden Eisenluppen aus der restlichen Glut
genommen. Der Schmied, der ebenso auch der Schmelzer war, oder zumindest die
gesamte Tätigkeit überwachte, übernimmt zur weiteren Aufbereitung das
Rohmaterial, und wird daraus eiserne Geräte, Werkzeuge oder Waffen schmieden. Wie
es auch im Relief des Kaemrehu dokumentiert ist.
Q1 Bernd Scheel, Studien zum Metallhandwerk im Alten
Ägypten I
Handlungen und Beischriften in den
Bildprogrammen der Gräber des Alten Reiches. SAK 12, 1985, Siehe hierzu meinen Beitrag # 78 110208 Der Schmied und die
Erzarbeiter des Alten Reiches auf Seite XIII, sowie Anhang # 78.1 Die
soziale Stellung der Schmiede und Erzarbeiter im Alten Reich
http://www.cheops-insider.homepage.t-online.de/41004.html auf Seite XII
Q2 Bernd Scheel, Studien zum Metallhandwerk im Alten
Ägypten II Handlungen und Beischriften in den Bildprogrammen der
Gräber des Mittleren Reiches. SAK 13, 1986, Bernd Scheel. Siehe hierzu meinen Beitrag auf Seite XIV http://www.cheops-insider.homepage.t-online.de/41372.html
C.0.)
Beischriften die im Sänftenlied nicht enthalten sind (Quelle: B. Scheel, Q1)
C.1.) In
den Beischriften des Ij-mrjj wird bjA (bj3) gewogen und geschmolzen.
Der Ruf,
bzw. die Rede und die Gegenrede zum Schmelzen lauten wie folgt: „Gib an
seine Sohle, es ist ein neuer Krug!“ und die Gegenrede:
„Eile du
sehr zu dem schönen Gesicht, he, wende gut im Schmelztiegel um!“
C.2.) Die
Rede bei Wp-m-n-nfr.t, wo bjA geschmolzen wird lautet:
„Eile
sehr, gib an seine Sohle“
C.3.) In
der Wiegeszene des Wesirs Mereruka (Mrr-wj-k3=j) in Saqqara wird bjA gewogen,
die Rede zum Schmelzen lautet:
„Es ist
ein neuer Krug, komm an seine Wandung Kamerad“
C.4.) Für
das Grab des Ibi (Ibj) übersetzt Forbes, Studies in Ancient Technology IX, 153:
„Das bjA
ist geschmolzen (nbj.t bj3), schlage hart auf seine Unterseite (Sohle), hier
ist ein neuer Krug“,
mit der
Erklärung, dass der Tonverschluss (Stopfen) an der Sohle des Schmelzofens hart ausgeschlagen werden soll, damit die
Schmelze entweichen kann.
C.5.) Im
Grab des Ibi lauten die Reden:
„Schmelzen
des bjA-Metalls für den Bereich der Werkstatt“
und
„Ihr
werdet (etwas) Gutes sehen!“
C.6.) Im
Grab des Ppj-cnh lautet der Ruf und die Gegenrede: „Gib, dass
die Schmelze (die Breie) herabsteigt (herabsteigen) zum Abkühlen!“ und
„Ich
handle zu deinem Lob ( wie du befohlen hast).“
Vorbemerkung:
Laut R.
Drenkhahns Ansicht könnte die Bezeichnung “Krug“ eine Anspielung auf das
Endprodukt sein. (Q1, 157)
Laut B. Scheel
ist die “Ofensohle“ eine Bezeichnung des Bodens von Schmelzöfen (157 „103)
C.0.1.) Besprechung:
Die
Zusammenfassung in den Rufen der Schmelzer bereitet für C.1. bis C.6. keine
Schwierigkeit:
„Eile sehr
Kamerad, komm an die Wandung des Schmelzofens und zerschlage den Tonverschluss
an der Ofensohle, damit die Schmelze herauslaufen kann, die Breie sollen
herabsteigen und Abkühlen“.
Wie
bereits oben besprochen, entsprechen die Reden der Arbeitsabfolge eines
Rennofens zur Verhüttung von Eisen. Es ist der Zeitpunkt eingetreten an dem die
Schlacke am Ofenboden abgelassen wird. Zu den Aussagen der Schmelzer ist nichts
hinzuzufügen.
C.0.2.)
Der Krug
„Komm an
seine Wandung Kamerad, es ist ein neuer Krug,“ C.3.)
„Gib an
seine Sohle, es ist ein neuer Krug!“ C.1.)
„Schlage
hart auf seine Unterseite (Sohle), hier ist ein neuer Krug“, C.4.)
„Ihr
werdet (etwas) Gutes sehen!“ C.5.)
Mit “Krug“
kann hier nur der Schmelzofen gemeint sein (siehe auch oben Vorbemerkung). Für
Schmelztiegel machen die Reden der Metallarbeiter keinen Sinn, ein Kamerad
müsste nicht hinzugerufen werden, die kleinen Schmelztiegel sind nicht mit “Wandung“
zu erklären, und das Zerschlagen eines mit flüssigem Metall gefüllten Tiegels wäre
nicht von Vorteil.
Dies
zeigt, dass alle Übersetzer mit der Meinung, es würde “Kupfer“ in Tiegeln
geschmolzen, sowohl in der Auslegung der Texte, als auch im angedachten metallurgischen
Herstellungsprozess im Irrtum sind. Somit
ergibt sich:
“Komm an die Wandung des Schmelzofens Kamerad und zerschlage die
Sohle, ihr werdet gutes sehen!“
Die
Arbeitsabfolge ist ähnlich wie C.0.1), jedoch sind wir hier einen Schritt
weiter. Wenn die Glut zusammensackt und das Ablaufen lassen der Schlacke
beendet ist, wird der aus Lehm gebaute
Rohrofen (Rennofen, Schachtofen) zerschlagen und abgeräumt. Dabei zeigt sich
der Tagesslohn in Form von unterschiedlich großer porösen Eisenbrocken, Schwammeisen,
Luppen, bei besonders großen Stücken auch “Ofensau“ genannt. Dies wird mit “ihr
werdet gutes sehen!“ nach dem zerschlagen des Ofens unmissverständlich
ausgedrückt.
C.0.3.) „Eile
du sehr zu dem schönen Gesicht, he, wende gut im Schmelztiegel um!“ C.1.)
Wie
bereits oben besprochen handelt es sich nicht um einen Schmelztiegel, was
wiederum bekräftigt wird, indem es weder Sinn machte, noch dass es technisch
möglich war, eine flüssige Metallmasse von ca. 1100 Grad Celsius gut umzuwenden
bzw. zu rühren.
Hier wird
auf die Arbeitsabfolge von C.0.2.) aufgebaut. Dem Anschein nach sind nur zwei
Schmelzer anwesend, wobei einer dem anderen auffordert das Arbeitsergebnis,
also das erzeugte Metall, eiligst zu bestaunen „Eile du sehr zu dem schönen
Gesicht,“, da er sich wieder einmal vom Arbeitsplatz entfernt hatte. Anschließend
soll der Herbeigerufene die restliche Glut gut umwenden, um nach kleineren
Eisenluppen zu stochern damit kein Metall verloren geht, bzw. es sofort
gesichert wird “he, (suche und) wende gut in der verbliebenen Schmelzglut
um!“
Auch hier
wird am Arbeitsablauf ersichtlich, dass es sich nicht um die Verhüttung von
Kupfer handeln kann, da sich das erzeugte schwerere Kupfer im Gegensatz zur
leichteren Schlacke in der Bodenmulde des Schmelzofens absetzt und nach dem
Abkühlen des Ofens als Gesamtmasse (“Kupferkuchen“) entnommen wird.
“Gib an
seine Sohle“ oder “zerschlage die Ofenwandung“ vor dem Abkühlprozess würde das
Kupfer wesentlich verunreinigen.
“Hier ist
ein neuer Krug!“
Der
Verhüttungsofen in Form eines großen Krugs, der den gesamten Arbeitsaufwand der
Schmiedesippe (Clan, Stammesverband) bis zum fertigen Rohprodukt, also dem
erzielten Metall beinhaltet, wird in höchsten Tönen gelobt. (siehe oben, die
Bezeichnung “Krug“ könnte eine Anspielung auf das Endprodukt sein.) Der “Krug“
versinnbildlicht die Arbeitsleistung und das gelungene Arbeitsergebnis.
Mit diesen
Worten enden die Szenen der bjA-Metallschmelzer. Im Relief des Kaemrehu folgen
die Tätigkeiten des Aufglühens und des Schmiedens von bjA-Metall.
Sokar
reinigt das Erz, er schmilzt es und schmiedet anschließend Harpunenspitzen
daraus, um es selbst, oder wie es die Fischer tun, zum Fischfang zu benützen.
Es ist somit das Gebrauchsmetall im Alten Reich. Hierzu passt der Fund einer
dreiflügeligen Pfeilspitze aus Eisen in der Mastaba des nj-cnh-re aus der 4.
Dynastie (2550 v. Chr.), Hermann Junker, Fund-Nr. 32, siehe Quelle 60, Seite I.
--------------------------------------------
Sonderfall:
Laut Verzeichnis von B. Scheel (Q1) ist folgende Inschrift einzigartig:
C.6.) Im
Grab des Wp-m-nfr.t (C.2.) lauten die Rufe zum Blechtreiben:
„Glühe
dies aus, es ist spröde, es ist hell (farbig)es bjA-Metall“ und „Es gibt
keinen Hohlraum (?), wenn sein Ausglühen vortrefflich ist!“
Diese Rufe
passen vortrefflich zu der bildlichen Darstellung im Relief des Kaemrehu, wo
Nachwuchskräfte auf einer primitiven Schmiedeesse über Kohlenglut unförmige Eisenbrocken
erhitzen. Während der Schmied am Amboss mit einem Stein auf einen massiven
Stück Metall einschlägt, erteilt er den Auftrag an die Betreiber der Esse: „Glühe
dies aus, es ist spröde, es ist hell (farbig)es bjA-Metall“.
Das glühende Eisen
verfärbt sich beim Abkühlen während des Schmiedens vom hellen Rotglühen zu
dunkelrot und schließlich zum hellen silbern schimmernden Eisenglanz, wo es
dann nicht mehr schmiedbar ist und spröde wird.
Zur weiteren
Erklärung, hier ein Auszug aus Wikipedia:
Als Eisenschwamm (Eisenluppe, Schwammeisen,
oft auch DRI für „direct reduced iron“) versteht man heute
überwiegend ein Produkt der Direktreduktion von Eisenerz. Die Reduktion des
Eisenerzes ergibt ein „teigiges“, schwammartig-poriges Produkt mit einem Gehalt an Eisen von 92–95 %. Eisenschwamm ist keine durch
einen Schmelzprozess entstandene Legierung;
es entsteht bei der Erzeugung kein flüssiges Roheisen.
Aufgrund seiner Porosität (daher die Bezeichnung „…schwamm“)
muss der Eisenschwamm zur Weiterverarbeitung verdichtet oder auch – neuzeitlich
– geschmolzen werden, da nicht erwünschte Unreinheiten (v. a. Schlacke) enthalten sind.
Poröse
Eisenluppen oder auch lockere Brocken von Schwammeisen sind das direkte
Roheisenprodukt, welches unmittelbar aus dem Rennofen anfällt. Um daraus ein
massives Stück Eisen herzustellen, die Brocken also zu Formen, sollten sie je
nach Beschaffenheit ca. 40 bis 50 mal aufgeglüht und ausgehämmert werden.
„Es gibt
keinen Hohlraum (?), wenn sein Ausglühen vortrefflich ist!“
Versteht sich dann
von selbst, dass die Männer an der Esse aufgefordert sind, die Eisenstücke hell
glühend an den Schmied zu übergeben, damit sie bei höchster Temperatur leicht
verdichtet werden können.
Kupferprodukte
wurden grundsätzlich als Formstücke gegossen. Eine Pfeilspitze, wenn diese jemals zum ernsthaften verschießen gedacht
gewesen wäre, hätte man entgradet und evtl. angeschliffen, sie wäre nicht
nachgeschmiedet worden. Wenn, dann hätte man eine verbogene Klinge im kalten
Zustand mit einem Stein begradigt. Da beim Kupferguss reines Metall ohne Poren
und Einschlüsse entsteht, kann es sich nicht bei der zuletzt genannten Rede „Es gibt keinen Hohlraum (?), wenn sein
Ausglühen vortrefflich ist!“ um Kupfer handeln. Dies fiel auch dem Übersetzter
auf, weswegen diese untypische Eigenschaft für Kupfer mit einem Fragezeichen
versehen wurde. Die
richtige Übersetzung von “Hohlraum“ (schwammartiges Produkt) im Metall trifft
ausschließlich auf die Verarbeitung von Eisenluppen zu.
Q1 Bernd Scheel, Studien zum Metallhandwerk im
Alten Ägypten I
Handlungen und Beischriften in den Bildprogrammen der Gräber des Alten Reiches.
SAK 12, 1985.
Siehe
hierzu meinen Beitrag # 78
110208 Der Schmied und die
Erzarbeiter des Alten Reiches auf Seite XIII, sowie Anhang # 78.1 Die soziale
Stellung der Schmiede und Erzarbeiter im Alten Reich
http://www.cheops-insider.homepage.t-online.de/41004.html
Q2 Bernd Scheel, Studien zum Metallhandwerk
im Alten Ägypten II Handlungen und Beischriften in den Bildprogrammen
der Gräber des Mittleren Reiches. SAK 13, 1986, Bernd Scheel.
Siehe
hierzu meinen Beitrag auf Seite XIV http://www.cheops-insider.homepage.t-online.de/41372.html
Geschichtsforschung zum Volk der Masai und dessen Verwendung des Eisens.
Abschrift von: M. Merker, Die Masai, Ethnographische Monographie eines ostafrikanischen Semitenvolkes, Berlin 1904.
Originaltext von Seite 3 und Seite 307-311 Abschrift von Seite 3:
... Später als die Tatoga sind, meines Erachtens, die Masai, deren Schilderung die vorliegende Studie gewidmet ist, nach Afrika eingewandert. Ich komme im zweiten Kapitel des vierten Abschnitts zu der Annahme, dass die Einwanderung der Masai nicht nach der Zeit der vierten Pharaonendynastie stattgefunden haben dürfte. Aus dem Absatz "die Keniter der Bibel - die Schmiede der Masai" desselben Kapitels geht hervor, dass die Masai bereits bei ihrer Einwanderung im Besitz des Eisens und der Schmiedekunst waren.
Das Ende der Steinzeit in Ägypten setzt die Forschung jetzt, meines Wissens, um
das Jahr 5000 vor Christi. Da nicht anzunehmen ist, dass die Ägypter noch in der
Steinzeit verharrten, nachdem Eisen besitzende Völker durch ihr Land oder nahe
daran vorbei gewandert sind, wird man vermuten dürfen, dass der Einzug der
Masai nach Afrika kaum vor jenem Jahr 5000 vor Christi erfolgte, vorausgesetzt, dass diese Zeitbestimmung des
ägyptischen Steinzeitendes richtig ist.
Eine der letzten semitischen Einwanderungen auf dem Weg über die Landenge von
Suez ist im Altertum die derjenigen Ägypter, welche dort die Begründer jener
hohen Kultur wurden. Sie verschlossen das Tor Afrikas für weitere
Einwanderungen großer Volksmassen. Von nun an ging daher der Völkerstrom aus
Arabien im wesentlichen nach Norden. Wohl hat es nicht an Versuchen später aus
Arabien gedrängter Semiten gefehlt, der alten Straße folgend, nach Afrika
einzudringen. - Doch das mächtige Ägypten verhinderte dies -
… Ich vermute hiernach, dass die biblischen Keniter nicht als ein besonderer
Volksstamm angesehen werden können, sondern dass sie vielmehr die Nachkommen
der Schmiede aus der Zeit sind, als die Israeliten noch unkultivierte Nomaden
waren, und dass damals die Schmiede in Israel dieselbe tiefe soziale Stellung
hatten wie heute bei den Masai und den oben genannten, wie auch noch anderen
Semitenvölkern.
Warum nennt nun aber die Bibel die Keniter einen
besonderen Stamm, warum nennt sie sie nicht ein Volk von Schmieden und warum
spricht sie nirgends aus, dass die Schmiede Israels einst eine tiefe soziale
Stellung einnehmen? Auf diese Fragen gibt zum Teil die Bibel selbst, zum Teil
auch die Beobachtung, welche man noch heute an den Masai machen kann, Auskunft.
Betrachten wir zunächst die erste Frage.
Ebenso wie die Masai hatten auch die nomadisierenden Israeliten bestimmte
Weidegründe, innerhalb deren Grenzen sie umherwanderten. War das Gras auf dem
einen Fleck abgeweidet, so wurden die mit Rinderhauten eingedeckten Hütten
abgebrochen und man zog auf eine nicht weit entfernte Stelle. Im Gegensatz
hierzu bleiben die Schmiede längere Zeit, oft auch dauernd, solange nicht
kriegerische Ereignisse sie zu Flucht zwingen, an einem Ort wohnen. Ihr
Viehbesitz ist meist gering, denn, sobald er grösser wird, nehmen dem Schmied
die Nichtschmiede nach Recht und Brauch mit Gewalt den Hauptteil davon ab. Die
Weide im Umkreis ihres Kraals wird ihnen, den Gemiedenen, von niemanden
streitig gemacht und genügt daher für ihre wenigen Stücke Vieh das ganze Jahr
hindurch. Dann aber sind die Schmiede auch an bestimmte Plätze gebunden,
nämlich an solche, wo sich eisenhaltiger Sand und Holz, letzteres zu
Herstellung von Holzkohlen, vorfindet. Da diese Bedingungen nur an
verhältnismäßig wenigen Stellen vorhanden sind, entstehen Kolonien von
Schmieden. Ihr meist geringer Viehbesitz macht sie bald abhängig von
Ackerbauern, bei denen sie Vegetabilien kaufen müssen. Sind solche aber nicht
in erreichbarer Nähe oder verhindern die eigenen Volksgenossen den Verkauf von
Schmiedeprodukten – Waffen – an ansässige Stämme, so beginnen die Schmiede
notgedrungen selbst den Boden in geringem Umfang zu bepflanzen und werden
dadurch auch zu Ackerbauern.
Diese halbe Ansässigkeit trennt sie noch mehr vom
eigenem Volke, als sie durch die vorerwähnte Geringschätzung schon geschieden
wurden. Kommt dann Krieg oder Hungersnot, z. B. durch Dürre oder Viehseuche,
hinzu, so kann die Schmiedekolonie vollkommen vom eigenen Volk getrennt werden.
So geschah es auch wohl, als die Israeliten infolge von Hungersnot nach Ägypten
gedrängt wurden, dass die halbansässig gewordenen Schmiede zurückblieben. Diese
können sich nun durch engeren Anschluss an die Ackerbauer, etwa in Süd-Kanaan,
oder dadurch, dass sie ein fremder Stamm durch Freundschaft oder Krieg zur
Ansiedlung bei sich zwang, und infolge der dadurch ermöglichten Vermischung
durch Zwischenheirat zu einem eignen Volk herausgebildet oder einem solchen
eine für das Auge und Empfinden der nach rund 500 Jahren wieder mit ihnen
308
In Berührung kommenden Israeliten charakteristische
Physiognomie gegeben haben, welche diese veranlasste, sie Keniter zu nennen.
Diese Vermutung hätte aber nur dann eine Berechtigung, wenn
man annehmen dürfte, dass die Israeliten schon bei ihrer Rückkehr aus Ägypten
„“das Volk der Keniter“ kannten und – was hier zu demselben Ende führt – die
ehemaligen Schmiede bei Völkern aufgenommen waren, welche ihnen, den Schmieden,
ihre Töchter zu Frauen gaben. Letzteres möchte ich nach meinen Beobachtungen an
den aus Arabien stammenden afrikanischen Völkern bezweifeln.
Dass aber auch erstere Annahme kaum haltbar ist, scheint aus
dem lebendigen Zorn des Jahwisten gegen die Keniter hervorzugehen, denn sie
sind es, die er vor allen Heiden ganz besonders mit beredten Worten verurteilt.
Man käme so zu der Annahme, dass „“das Volk der Keniter“ er später, und zwar
nicht lange vor der Abfassung der Jahwe-Schrift entstanden sein mag, und dass
ferner die ehemaligen Schmiede der Israeliten sich von fremder Blutmischung
ziemlich frei erhalten haben mögen. Dann könnte man, um zu erklären, dass die
Bibel die Keniter als ein anderes Volk hinstellt, vermuten, dass die Israeliten
zur Zeit der Entstehung der Jahve-Schrift bereits stark vermischt waren.
Diese Vermutung würde im Einklang mit den biblischen
Mitteilungen stehen und dadurch weiter unterstützt werden, dass der Autor so
eindringlich gegen eine Vermischung mit den Töchtern der Heiden redet und
diesen Umstand sogar als Veranlassung zur Sintflut hinstellt. Aber wir brauchen
auch wohl diese Annahme nicht, denn die Bibel versteht unter einem fremden Volk
doch in allererster Linie nicht ein anderes politisches Gemeinwesen oder eine
Gemeinschaft somatisch anders gearteter Mensch, sondern Leute, deren Kultus in
Widerspruch zu dem der Israeliten stand.
Die zweite Frage, warum die Bibel die Keniter nicht als ein
Schmiedevolk bezeichnet, erklärt sich zum Teil schon aus dem geben Gesagten:
Durch ihre Ansässigwerdung hatten sie eben im allgemeinen das Handwerk mit dem
Ackerbau vertauscht, und sie ergibt sich zum andern Teil aus dem Folgenden:
Warum spricht nun die Bibel nirgends direkt aus, dass die
Schmiede als eine niedrige Kaste galten? Wenn es nach dem Obigen auch nicht
wahrscheinlich ist, dass ein Teil der Schmiede mit Israel nach Ägypten zog, so
soll die Möglichkeit, dass dies doch der Fall gewesen sein könnte, nicht
ausgeschlossen werden. Wie würde es diesen Schmiden nun ergangen sein?
Nehmen wir mit der Bibel an, dass die Israeliten damals ein
frommes Volk waren und von den Ägyptern geknechtet wurden, so dürfte jeder
dieser Umstände im Laufe der langen Gefangenschaft genügt haben, das alte
Vorurteil gegen die Schmiede in der Praxis zu beseitigen und sowohl die
Glaubens- als auch die Stammesgenossen fest zusammenzuschließen. Es bleibt aber
noch eine andere Möglichkeit. Nehmen wir an, dass letzteres nicht gelang und
dass wie es entsprechend noch heute bei den Semitenvölkern Innerafrikas der
Fall ist, damals eine Ehe zwischen Angehörigen von Schmieden und Nichtschmieden
309
Unerlaubt war, so ergab sich für die ob ihrer Kunst in der
Herstellung von Waffen an den verschiedenen Orten verwendeten und zur
Beschleunigung der dauernden Seßhaftwerdung im Land von einander getrennten
Schmiede die Notwendigkeit, durch Vermischung mit Ägyptern in diesen
aufzugehen.
Entstand dadurch für die Esraeliten ein Mangel an Schmieden,
so konnte dem abgeholfen werden, indem Leute aus Familien, die nicht
ursprünglich zu der Schmiedekaste gehörten, das Handwerk in Ägypten erlernten
und dort wie auch später ausübten. Nach
Analogie der Masai wurden solche Leute durch Ausübung des Schmiedeberufs
in der allgemeinen Achtung des Volkes nicht sinken. Aber auch wenn ich annehme,
dass ein Teil der Schmiede mit Israel von Ägypten zurück kam, so musste,
bedingt durch die Ausgestaltung des religiösen Kultus, in dessen Dienst der
Schmied sein Handwerk zur Verfertigung von Gefäßen und andern Gerätschaften
stellte, seine soziale Stellung eine bessere werden. Er, dem die Ausstattung
der Tempel oblag, konnte länger nicht ein verachteter, gemiedener, unreiner
Mann bleiben.
Spricht das Alte Testament also nirgends direkt aus, dass
die Schmiede eine niedrigere, eine verachtete Kaste bildeten, so enthält es
meines Erachtens in seinem ältesten Teil doch noch Reminiszenzen daran, dass
der Schmied auch den Israeliten in der Vorzeit als unrein galt.
Ist der Schmied unrein, so werden es auch die Gegenstände,
welche er berührt, insonderheit diejenigen, welche als Produkte seiner Kunst
aus seiner Hand hervorgehen. Da nun im alltäglichen Leben die Schmiedeprodukte
unentbehrlich sind, hilft man sich durch eine Reinigungszeremonie. Der Tatoga
ebenso wie der Irakumann taucht einen aus der Schmiedewerkstatt abgeholten
neuen Gegenstand in das Wasser eines entfernten Baches und wäscht sich dabei
gleichzeitig die Hände. Die Masai bestreichen die aus der Hand des Schmiedes
kommenden Sachen – Speer (Blatt und Schuh), Schwert, Messer, Rasiermesser, Axt,
Nähale, Pinzette, Pfeilspitzen, Brenneisen, Kuhglocken, große und kleine
Beinschellen sowie verschiedene Schmuckgegenstände – und ebenso ihre Hände
welche diese Sachen berührten, mit Fett, um ihnen die vom Schmied her
anhaftende Unreinheit zu nehmen. Ob die alten Israeliten einen ähnlichen Brauch
hatten, ist mir unbekannt, doch halte ich es für wahrscheinlich.
Was für das profane Leben ausreihend erscheint, braucht nicht auch dem
religiösen Kultus zu genügen; im Gegenteil, man wird von vornherein annehmen
können, dass man da empfindlicher ist. So bedienten sich die Masai an Stelle
des eisernen Messers eines Rohrsplitters zur Durchschneidung der Nabelschnur
des Neugeborenen, gemäß ihres achten Gebots. Nun berichten auch einige
biblische Stellen, welche aus der ältesten Zeit Israels, aus der Zeit des
Nomadentums, erzählen, vom Gebrauch des Steinmessers und andere vom Verbot des
eisernen Messers für Zwecke des Kultes.
So lesen wir im 4. Kapitel des 2. Buches Mose im 25. Vers:
„Da nahm Zippora einen scharfen Stein und beschnitt die Vorhaut ihres Sohnes“. Und
in 5. Kapitel des
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Buches Josua befiehlt Jahwe diesem: „Mache dir Steinmesser
und beschneide wiederum die Söhne Israels zum zweiten Male. Da machte sich
Josua Steinmesser und beschnitt die Löhne Israels am Hügel Araloth“.
Das Verbot für den Gebrauch des eisernen Werkzeugs finden
wir im 20. Kapitel des 2. Buches Mose: „Und wenn due mir einen Altar vom Stein
machest, so baue sie nicht behauen, denn eisernes Werkzeug hast du darüber
geschwungen und sie entweiht“.
Hier wird also direkt gesagt, dass die Steine durch das
Behauen mit eisernem Werkzeug entweiht werden. Beschneidung und Altar sind aber
die ältesten und zugleich auch die wichtigsten Einrichtungen des israelitischen
Kultes. Wie die Steine des Altars nicht durch die Berührung mit dem durch den
Schmied unrein gewordenen Meißel unrein gemacht werden sollten, so musste auch
die Benutzung des eisernen Messers zur Beschneidung, durch welche der Israelit
ja gerade religiös gereinigt werden sollte, verpönt sein.
Besonders zu beachten ist hier, dass von den angezogenen
drei Bibelstellen die ersten beiden dem Jahwisten, die letzte einer
Verarbeitung von Jahwist und Elohist angehört. Der Jahwist ist aber- wie ich
schon oben erwähnte – diejenige Quellenschrift, welche allein den Kain und die
Keniter sowie die Verbindung beider kennt und welche auch als die älteste der
im Pentateuch zusammengearbeiteten gilt. Ich glaube hieraus folgern zu dürfen,
dass die der Jahwe-Schrift zu Grunde liegenden Quellen noch von der Unreinheit
der Schmiede gewusst haben, wodurch der Beweis für das Bestehen dieser
Anschauung im ältesten Israel erbracht wäre.
Dass sie später verloren ging, erklärt sich zur Genüge auch
daraus, dass die Israeliten zwischen nichtsemitischen Völkern ansässig wurden,
denen die Schmiede nicht als unrein galten, und zwischen semitischen, welche
durch die Einwirkung der andern sie wahrscheinlich ebenfalls nicht mehr
kannten, sowie weiter durch die Beeinflussung, welche ihre Psyche durch die
sofortige und in der Folge dauernde Vermischung mit diesen Völkern erlitt.
Mit dem Verlust jener Auffassung verlor sich auch die Scheu
vor der Verwendung des eisernen Messers zu Beschneidung, wogegen man den Altar
noch in der Makkabäerzeit (1. Makk. 4-47) aus unbehauenen Steinen errichtete,
aber nur, weil dies ausdrücklich im mosaischen Gesetz (2. Moses 20,25) geboten
war, während über den Gebrauch des Steinmessers zur Beschneidung nichts darin
enthalten ist.
Sind nun die Keniter die Nachkommen der Schmiede der
Israeliten aus vorägyptischer Zeit, d. h. aus der Nomadenzeit Israels, so erklärt
sich ihre Zerstreuung am Sinai, in Kanaan, unter den Amalekitern und
Midianitern aus der Tatsache, dass sie, wie heue noch bei Naturvölkern, so
damals auch bei Kulturvölkern, als Verfertiger von Waffen immer die
wertvollsten Kriegsgefangenen sind und waren.
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Auch die Bibel gibt Kunde, dass dies in den Kriegen gegen
Israel galt. Nach 2.Kön. 24,14 wurden von Nebukadnezar alle Schmiede Jerusalems
gefangen genommen, und nach 1. Sam. 13-19 waren alle Schmiede Israels von den
Philistern weggeführt worden.
Da die andern Pentateuchquellen ebenso wenig wie der Mythus
der Masai den Kain bzw. eine ihm entsprechende Persönlichkeit als den ersten Mörder
kennen, und da es ferner ganz und gar nicht in den Gedankenkreis eines
Naturvolkes passt, sich schon dem ältesten Sohn des ersten Menschenpaares als
Mörder seines Bruders und dadurch als Hindernis zur schnellen Vermehrung der
Menschen auf der Erde vorzustellen, vermute ich, dass die Legende des Jahwisten
von Kains Brudermord erst in einer späteren Zeit entstand. Für die
traditionelle Verachtung der Keniter konnte im fortgeschrittenen Israel mit
seinen höher geachteten Schmieden kein Raum mehr sein.
Man brauchte einen anderen Grund, um die im Heidentum
aufgegangenen Stammesgenossen, die eben durch ihre Stammeszugehörigkeit ganz
besonders geeignet waren, durch Zwischenheirat heidnischen Einfluss und
heidnische Untugenden nach Israel hineinzutragen, als verächtlich und schlecht
hinzustellen. Hierzu scheint es natürlich, wenn sich bei einem Volke, welches
schon im Zustand des kulturarmen Nomadentums ein tieferes Religionsgefühl
hatte, eine Legende bildete, die geeignet war, die Keniter als Nachkommen eines
wegen des schwersten Verbrechens von Gott verfluchten Stammvaters aufzufassen.
Eine solche Legende konnte umso eher entstehen, als – wie ich schon oben
erwähnte – den Ursemiten die Schmiede als Verführer zur Übertretung des
göttlichen Befehls gegen das Blutvergießen, als von Gott nicht geliebt und
ihnen daher als verachtungswürdig und unrein galten. In der ursemitischen
Anschauung sind die Schmiede als Verführer zum Mord verurteilt, in der Bibel
wird Kain als Mörder selbst verdammt.
M. Merker, Die Masai, Ethnographische Monogrphie eines
ostafrikanischen
Semitenvolkes. Berlin 1904,